Litauen: 2. Rundbrief von Judith Nick
Litauen
Judith Nick
19.02.2022
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Labas, labas, liebe Rundbrief-Leser*innen!

Huch, da sind ja schon wieder drei Monate vergangen und der nächste Rundbrief wartet darauf, geschrieben zu werden.

Wie ich gehört habe, warten einige ja schon gespannt auf das nächste Update aus dem schönen Kaunas, das ja nun als frisch gekürte Kulturhauptstadt in aller Munde ist.

Seit dem letzten Rundbrief sind natürlich wieder ein paar Dinge passiert…

1. Jingle Bells, Jingle Bells, jingle all the way… – Advent in der Schule

Zum ersten Mal seit Jahren haben Lena und ich mal wieder Weihnachten in der Grundschule miterleben dürfen – und dort fängt Weihnachten ja bekanntlich früh an: Der Weihnachtshit Nr. 1, „Jingle Bells“, erschallte das erste Mal schon im September. Auf den Platz #1 der Charts schaffte es „Jingle Bells“ dann aber doch erst im November und blieb dort bis zu den Weihnachtsferien – sicherlich ein neuer Hitrekord!

Es blieb allerdings natürlich nicht bei „Jingle Bells“. Ende November haben wir zusammen mit allen Kindern Adventskränze gemacht – diese mussten wir zunächst binden (höllisch viel Arbeit) und danach dekorieren, was uns allen sehr viel Spaß gemacht hat. Von dem Endergebnis war ich besonders beeindruckt, da alle Kränze sehr unterschiedlich geworden sind und alle auf ihre Weise besonders schön waren.

Am 1. Dezember wurde die gesamte Schule mit Lichterketten, den selbst gemachten Adventskränzen und einem Weihnachtsbaum geschmückt, der in einer großen Gemeinschaftsaktion dekoriert wurde.

Ab dann war es richtig weihnachtlich, vor allem als Anfang Dezember auch noch der erste Schnee fiel. Perfektes Dezemberwetter, würde ich mal sagen. Der größte Vorteil des Schnees war, dass wir regelmäßig mit den Kindern nach draußen gegangen sind und wir ausgelassen im Schnee toben konnten (sehr spaßig!).

Außerdem bot es sich nun an, den Rathausplatz zu besuchen, denn dort fand der Kaunasser Weihnachtsmarkt statt. Für mich war das Highlight das leckere Essen, für die Kinder vermutlich eher der Weihnachtsmann, der auf dem Weihnachtsmarkt seinen Sitz hatte (ja, in Litauen glaubt man an den Weihnachtsmann, nicht an das Christkind).

Nikolausüberraschung

In Deutschland ist ja der 6. Dezember, der Nikolaus-Tag, ein wichtiger Meilenstein im Advent. Überraschenderweise haben Lena und ich allerdings herausgefunden, dass das Nikolaus-Fest in Litauen vollkommen unbekannt ist. Kurzerhand sind wir in die Rolle des Nikolauses geschlüpft, haben für jedes Kind eine kleine Überraschung gebastelt und die Geschichte des Nikolauses erzählt (Uns hat aber natürlich keiner geglaubt, dass der Nikolaus die Überraschung vorbeigebracht hat. Da waren wir wohl nicht glaubhaft genug.).

Vor den Weihnachtsferien hat die Grundschule eine Weihnachtsfeier für Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern veranstaltet, an der wir natürlich auch teilgenommen haben. Während dieser Feier sangen und tanzten die Schüler*innen für die Gäste und bekamen am Ende auch alle Geschenke. Dazu gab es traditionelle litauische Advents-Speisen, zum Beispiel Kūčiukiai (Mohnkekse, sehr zu empfehlen) und Šakotis (litauischer Baumkuchen), alles natürlich vegetarisch, denn in Litauen ist es Tradition, im Advent auf Fleisch zu verzichten.

2. Weihnachten in Kaunas

Durch unsere Arbeit kamen Lena und ich schon richtig früh in Weihnachtsstimmung daher fingen wir schon zeitig an, unsere Wohnung zu dekorieren, Plätzchen zu backen, etc. Während das Dekorieren keine große Herausforderung darstellte, war das Plätzchenbacken schon eher eine Challenge. Nicht nur fehlten uns grundlegende Küchenutensilien, wie ein Nudelholz oder Ausstechformen, sondern wir hatten auch unsere Schwierigkeiten mit dem Ofen. Unser Ofen ist nämlich etwas disfunktional – man kann leider die Hitze nicht regulieren. So kam es, dass wir vermutlich einen Weltrekord im Plätzchenbacken aufgestellt haben, in der Hinsicht, wie lange die Plätzchen in den Ofen müssen: Nach fünf Minuten waren sie schon fast verbrannt. Aber trotzdem superlecker!

Am ersten Adventssamstag wurde außerdem mit großem Tamtam der Kaunasser Weihnachtsbaum erleuchtet und der Weihnachtsmarkt eröffnet. Ich muss zugeben – eigentlich mag ich keine Weihnachtsmärkte (viel zu viel Gedränge, Ramsch und zu hohe Preise, wer kennt es nicht?). Der Weihnachtsmarkt in Kaunas war eine angenehme Abwechslung: Die Stände waren in gläsernen Iglus untergebracht und über den großen Rathausplatz verteilt, sodass man viel Platz zum Schlendern hatte. Der Schnee und die Lichterketten in allen Bäumen machten den Anblick perfekt.

In der Mitte des Platzes stand der absolute Blickfang des Weihnachtsmarkts, der große Weihnachtsbaum. Dieser war in diesem Jahr mit einer großen Menge Schmetterlingen dekoriert – ein ziemlich origineller Baumschmuck! (Dazu muss erwähnt werden, dass es jedes Jahr einen geheimen Wettkampf zwischen Kaunas und Vilnius gibt, wer den schöneren Weihnachtsbaum hat. Meiner Meinung nach hat Kaunas dieses Jahr klar gewonnen.)

Statt meines eigentlichen Plans, Weihnachten in Deutschland zu verbringen, habe ich mich dann doch umentschieden und habe in Litauen Weihnachten gefeiert. Ich finde, es hat sich gelohnt. Es war doch noch mal etwas anderes, an Weihnachten nicht daheim zu sein, auch wenn mir Zuhause weniger gefehlt hat, als ich erwartet habe.

Zusammen mit den anderen Freiwilligen in Kaunas haben wir beschlossen, an Heiligabend ein traditionell litauisches Essen zu machen. Am Heiligen Abend (Kūčios) isst man in Litauen nämlich zwölf vegetarische Speisen, die für die zwölf Apostel stehen und die aus traditionell litauischen Lebensmitteln bestehen, wie zum Beispiel Cranberries und Pilzen. Allerdings wurde es am Ende eher ein internationales Weihnachtsessen, weil letztendlich doch jeder das mitgebracht hat, was er wollte. Lecker war es trotzdem! Wir hatten auch tatsächlich ein kleines Weihnachtsbäumchen, dass Lena und ich stolz durch die ganze Stadt transportiert haben, da die Weihnachtsfeier in einer anderen Wohnung stattfand.

Das allerbeste an Weihnachten war aber der Schnee. Am ersten Weihnachtstag haben wir das gute Wetter ausgenutzt und sind zusammen am Kauno Marių (der Stausee von Kaunas und umgebender Regionalpark) spazieren gegangen. Eine wunderschöne Winterlandschaft, Sonne und Freunde, was wünscht man sich mehr? (Naja, ein bisschen weniger kalter Wind wäre ehrlich gesagt schön gewesen, irgendwann bin ich nämlich fast erfroren…)

Und dann war Weihnachten auch schon so schnell wieder vorbei, wie es gekommen war…

3. Iki, 2021!

Das Jahr 2021 habe ich im Kolping-Kindergarten ausklingen lassen, denn während der Weihnachtsferien durfte ich für eine Woche im Kindergarten arbeiten. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht, ich habe aber auch festgestellt, dass es einen größeren Unterschied zwischen Vier- und Sechsjährigen gibt, als mir bisher bewusst war.

Lena & ich mit unseren Kolleginnen in der Oper

Außerdem waren Lena und ich mit dem Kollegium von Kolping in der Oper in Vilnius und haben uns das Stück „La Traviata“ angeschaut (ein sehr dramatisches Stück mit viel Herzschmerz). Das Highlight des Abends war jedoch nicht das Stück selbst, sondern die heiße Schokolade, für die die Oper berühmt ist und die als Aperitif vorher ausgeteilt wurde. Allerdings war die „heiße Schokolade“ kein Kakao, wie eigentlich erwartet, sondern hatte eher Ähnlichkeiten mit Mousse au Chocolate (sehr lecker, Achtung, Suchtgefahr!!).

4. 2022 – Schnapszahlen bringen doch Glück, oder?

2021 haben wir gemeinsam mit den anderen Freiwilligen verabschiedet: Wir haben uns zunächst in unserer Wohnung getroffen, zusammen gegessen und Spiele gespielt. Bei der Gelegenheit habe ich unsere Freunde mit meiner Lieblings-Silvestertradition bekannt gemacht: Natürlich musste „Dinner for One“ geschaut werden. Ich muss jedoch zugeben, dass ich dieses gute Stück deutsches Kulturgut um einiges amüsanter fand als alle anderen (denn Dinner for One wird mit jedem Mal, das man es schaut, lustiger…). Um Mitternacht haben wir uns am Rathausplatz das große Feuerwerk angeschaut und das neue Jahr mit Wunderkerzen

5. Juvid-19

Am Anfang des Jahres erzählte mir ein Freund, er würde keine geraden Jahre mögen, in diesen würde immer etwas Schlechtes passieren. Zunächst habe ich ihm nicht geglaubt, aber mittlerweile glaube ich, dass er Recht hat, zumindest was den Januar angeht.

Omikron ist natürlich auch in Litauen angekommen. Fast jeden Tag gibt es einen neuen Rekord bei den Neuinfektionen und so war es klar, dass Corona auch uns nicht verschonen würde.

Leider bin ich, sowie meine Freunde, Mitte Januar auch an Corona erkrankt und wurde kurzerhand „Juvid-19“ getauft. Dank dreifacher Impfung hatte ich aber einen leichten Verlauf und habe mich zwei Wochen zuhause gelangweilt. Deswegen kann ich über den Januar auch nichts berichten, denn es ist nicht viel passiert.

Mittlerweile bin ich aber wieder fit und freue mich, endlich wieder meine Freunde wiedersehen und zur Arbeit gehen zu können.

So, das war es auch schon wieder von mir. Ich hoffe natürlich, dass ihr auch alle gut ins neue Jahr gerutscht seid und alle gesund und munter seid und bleibt.

Ich melde mich wieder in ein paar Monaten,

Iki,

Judith.

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Der Weihnachtsbaum von Kaunas

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winterliches Kauno Marių