Rumänien: 1. Rundbrief von Wiebke Bruhn
Rumänien
Wiebke Bruhn
13.01.2025
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Liebe Leser*innen, Drei Monate sind jetzt schon vergangen, seit ich in Rumänien bin. In diesen drei Monaten konnte ich schon viele Eindrücke und Erfahrungen sammeln, von denen ich euch gerne berichten möchte, um euch hoffentlich einen kleinen Eindruck verschaffen zu können.

Anreise & ankommen

Am 31. August ging die, zugegeben recht lange, Reise für mich los. Da es gewünscht ist, innerhalb von Europa nicht mit dem Flugzeug zu verreisen, fand der Abschied von meinen Eltern am Mannheimer Bahnhof statt, der mich irgendwie total überrumpelte, da in dem Moment alles zum ersten mal so richtig real geworden ist. Davon zu erzählen, dass man ein Freiwilligendienst im Ausland machen wird, ist dann doch einfacher als es tatsächlich zu machen;). Drei Umstiege, eine Nacht in Wien und 52 Stunden später, bin ich dann ziemlich erschöpft in Cluj-Napoca angekommen. Mein Zuhause für das nächste Jahr. Von ein paar meiner Arbeitskolleginnen wurde ich dann in den Kindergarten/ meine Einsatzstelle gebracht. Dieser sollte auch mein vorübergehendes zu Hause werden, bis eine Wohnung für mich gefunden ist. Da es vorgesehen war, dass ich nur ein paar Tage oder vielleicht ein bis zwei Wochen da bleibe, war mein Zimmer, was eigentlich ein Therapieraum für die Kinder ist, sehr provisorisch gehalten mit lediglich zwei Matten, die als Matratze bzw. Bett fungiert haben. Dass sich die Wohnungssuche als deutlich schwieriger herausstellen und ich letztendlich zwei Monate in dem Kindergarten leben werde, konnte da natürlich noch keiner wissen. Anfang November bin ich dann in eine WG gezogen, die ich über Facebook gefunden hatte. Recht schnell ist mir dann aber klar geworden, dass ich hier nicht wohnen bleiben möchte. Meine Mitbewohner*innen sind sehr dreckig, wodurch ich mich hier wahnsinnig unwohl fühle. Glücklicherweise kann ich jetzt, nach nur einem Monat in der WG, in ein kleines Apartment für mich allein ziehen. Kraft (und Lust) für den dritten Umzug innerhalb von drei Monaten habe ich zwar keine mehr übrig, aber der Gedanke, endlich an einen Ort zu ziehen, wo ich es mir gemütlich machen kann und wo es sich (hoffentlich) wie ein Zuhause anfühlen wird, schenkt einem dann doch etwas Motivation. :)

Mein Projekt

Ich arbeite in einem Kindergarten von den Maltesern für Kinder mit psychischen und/ oder physischen Einschränkungen. Meine Aufgabe im Projekt ist die Unterstützung meiner Arbeitskolleginnen. Pro Tag kommen jeweils zwei Gruppen mit je fünf bis acht Kindern. Die Gruppen sind recht klein gehalten, da viele Kinder eins zu eins Betreuung benötigen und zudem viel mit jedem Kind individuell gearbeitet wird. Zugegeben ist es manchmal durch die kleinen Gruppen etwas langweilig, wenn es nichts für mich zu tun gibt oder an manchen Tagen mehr Erwachsene als Kinder da sind. An anderen Tagen fühlen sich die fünf bis acht Kinder aber auch wie dreißig an. Da man den Kindern vieles sehr deutlich und ausführlich erklären muss, ist es manchmal ziemlich frustrierend, dass ich aufgrund der Sprachbarriere nicht so viel mit den Kindern interagieren und machen kann, wie ich es eigentlich gern möchte. Trotzdem merke ich, dass ich langsam aber sicher Fortschritte mache und ich immer mehr verstehe und auch selber sagen kann. Mit den schnell gelernten Phrasen „hai la masa“ -„komm zum Tisch“, „stai jos“ - „setz dich hin“, „vrei Ajutor?“ - „brauchst du Hilfe?“,… kommt man aber auch schon recht weit. Und wenn die Kinder dann mal zu einem kommen, einen Umarmen oder ein Küsschen geben, ist das auch alles gar nicht mehr so wichtig.:) Wie gesagt wird viel mit den Kindern gelernt und gearbeitet, aber es wird auch ganz viel getanzt und gesungen, was immer sehr schön ist. Die Geburtstage der Kinder werden hier außerdem super schön gefeiert, mit hübscher Dekoration, einem Kuchen, von dem natürlich alle Kinder etwas kriegen, und viel Gesang, wodurch alle Geburtstage immer ein kleines Highlight sind.

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Eine kleine Malpause

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Die Therapiehündin Zello feiert die Geburtstage auch mit

Eine andere Seite von Rumänien

Zu Beginn meines Freiwilligendienstes habe ich andere Freiwillige kennengelernt, die zwar leider nicht in Cluj leben, wir aber in Kontakt geblieben sind. Aufgrund der Distanz und weil die anderen häufig auch am Wochenende arbeiten müssen, sehen wir uns leider meistens nur einem im Monat, was dafür aber immer umso schöner ist. Ende September haben wir uns beispielsweise in Brasov, einer wirklich wunderschönen Stadt, getroffen, um einen kleinem Wandertrip zu machen. Im Oktober haben wir dann Mara und Miriam besucht, die in einem kleinen Dorf in der Nähe von der, ebenfalls sehr hübschen Stadt, Fagaras leben. Es war das erste Mal, dass ich in Rumänien auf dem Land war und hatte dementsprechend ein paar Kulturschocks, als ich ankam, da sich das Leben auf dem Land und in der Stadt hier sehr stark unterscheidet. Der erste Schock verflog aber sehr schnell, da das Leben hier zwar anders aber auch super schön ist. Alleine um ins Dorf zu kommen, fährt man wunderschöne Wege mit toller Aussicht entlang, die auch im Dorf angekommen nicht weniger schön wird. Egal wo man lang geht, trifft man immer auf Nachbar*innen, von denen man zum Essen und Plaudern eingeladen wird, wodurch ein kleiner Spaziergang durchs Dorf sehr lange wird, aber die Herzlichkeit und Gastfreundschaft hier ist einfach wunderschön. Zudem trifft man auf viele Tiere, sodass man aus dem Streicheln fast garnicht mehr rauskommt;) Ich genieße es sehr, Zeit bei meinen beiden Freundinnen zu verbringen und so auch mal eine Pause von dem Stadtleben zu kriegen, weswegen ich, wenn es die Arbeit hergibt, gerne mal ein Wochenende in Selistat verbringe.

Ein paar Eindrücke von einem Besuch in Selistat

Besuch

Ende November hab ich dann Besuch von einer Freundin aus Deutschland bekommen, was sehr gut getan hat. Pünktlich zur Eröffnung des Weihnachtsmarktes kam sie nach Cluj, den wir dann direkt erkunden mussten. Der Weihnachtsmarkt hier ist wirklich wunderschön, mit vielen tollen und abwechslungsreichen Ständen, einem wirklich tollen (aber ziemlich schaukeligem) Riesenrad und vieles vieles mehr. Besonders verzaubert haben uns aber die zuckersüßen Auftritte der Kinder von einer Musikschule, die uns, zusammen mit der generellen Atmosphäre auf dem Weihnachtsmarkt, direkt in Weihnachtsstimmung gebracht haben. Wenn wir nicht auf dem Weihnachtsmarkt oder im Kindergarten waren, habe ich ihr meine Lieblingsorte in Cluj gezeigt, wie zum Beispiel mein liebstes Samstag-Morgen Programm, der Piata Oser. Jeden Samstag gibt es hier nämlich einen riesigen Flohmarkt, der Piata Oser, auf dem es wirklich alles gibt. Es macht mir total Spaß dort lang zu schlendern und mir die unglaublich viele Dingen anzuschauen. Jedes mal wenn ich dort hingehe, bin ich aufs Neue verwundert, was es da alles gibt. Von Klamotten, Accessoires und Essen über Ausrüstung für jeden erdenklichen Sport, Technikkrams und eine große Auswahl an Werkzeug bis hin zu Autoreifen oder kompletten Wohnzimmer- und Küchenausstattungen findet man alles und es wird nie langweilig.

Piata Oser

Sehr leckeres Essen auf dem Weihnachtsmarkt

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Nelly und ich

In meinen ersten drei Monaten hier ist also schon einiges passiert und ich hoffe ich konnte euch hiermit einen kleinen Einblick in meine Leben geben. Ich wünsche euch eine wunderschöne Weihnachtszeit und auch schon mal frohe Weihnachten. Bis ganz bald Pa Pa Eure Wiebke