Indien: 1. Rundbrief von Victoria Backes
Indien
Victoria Backes
12.04.2025
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Liebe Leserinnen und Leser dieses Rundbriefes, Endlich kann ich Ihnen/ Euch von meinen Erlebnissen in Indien schreiben, denn kurz vor meiner Ausreise am 15. Oktober dachte ich noch das mit meinem Visum wird nichts mehr.

Als ich zusammen mit Katharina Anfang August mein Visum beantragt hatte, freuten wir uns beide über eine baldige Ausreise, aber die Wartezeit für unsere Visa war viel länger als ursprünglich gedacht, aus 2 Wochen die auf der Webseite angegeben waren wurden auf dem Konsulat schon 4 Wochen. Katharina hatte das Glück und konnte nach ca. 1 Monat ihr Visum abholen und ausreisen, allerdings wurde mein Visum nicht genehmigt und erst ausgestellt als ich Anfang Oktober nochmal nach Frankfurt zum Konsulat gefahren bin um, nun, da ich anscheinend kein Visum bekomme, meinen Pass abzuholen. Da konnte ich das Visum am gleichen Tag mit nach Hause nehmen. Eine Woche später bin ich dann von Frankfurt aus, mit einem zwischen Stopp in Dubai, nach Madurai (Tamil Nadu, Indien) geflogen. Am Flughafen wurde ich von Pater Sleeva und Dekan Reegan, die beide in meinem Projekt arbeiten, mit dem Auto abgeholt. Bis zum Sunrise Children’s Village, meinem Projekt, sind es von Madurai aus mit dem Auto ungefähr zwei einhalb bis drei Stunden. Auf dem Weg dorthin waren wir auch etwas essen und ich habe zum ersten Mal nur mit den Händen gegessen, eigentlich wird in Indien nur die rechte Hand zum Essen benutzt, da ich aber etwas unbeholfen damit war musste ich beide benutzen.

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Pater Reegan, Pater Sleeva und ich vor dem Flughafen in Madurai nach meiner Landung  

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Schönstatt Schrein in Madurai bei der Jubiläumsfeier

Im Sunrise Village angekommen durfte ich auch schon mein Zimmer beziehen, welches sich in einem der Cottages befindet, aus denen das Kinderdorf aufgebaut ist. Ich habe ein eigenes Zimmer mit Bad im Teresa Cottage, außer mir wohnen in diesem Cottage noch Jothi, die als Sozialarbeiterin im Kinderdorf arbeitet, und 5 Kinder. Während Jothi und ich das Privileg eines eigenen Zimmers haben, teilen sich die Kinder ein Zimmer. Oft legen sie sich zum Schlafen auch einfach mit einer Matte und Decke auf den Boden der Eingangshalle.

In meiner ersten Woche wurde ich von Eindrücken überflutet, erstmal im Projekt alle Kinder kennenlernen und alle die dort arbeiten, sowie das unglaublich warme Klima und scharfe Essen (an das ich mich immer noch nicht zu 100% gewöhnt habe), das aber sehr lecker ist. Auch, dass überall auf dem Gelände des Sunrise Village Tiere frei rumlaufen wie Hühner, Gänse und Pfauen, hat mich überrascht.

 

Innerhalb der ersten Tage konnte ich mit einigen Menschen aus meinem Projekt nach Madurai zu einer Feierlichkeit der Schönstatt Bewegung fahren, dort habe ich auch Katharina wieder getroffen. Wir sind dort hingefahren, weil das „Sunrise Children’s Village“ und die „Schoenstatt Matriculation School“ beide von Patres der Schönstatt Bewegung geleitet werden. Wir waren auf der Jubiläumsfeier des Schönstatt Schreins in Madurai, nach der Festmesse am Abend gab es ein großes Festessen, das den ganzen Tag schon vorbereitet wurde, damit alle Anwesenden etwas essen können.

Die Schule

Nach der ersten Woche war ich auch das erste Mal in der Schule an der ich von morgens bis nachmittags arbeite. Meine Hauptaufgabe ist es, die Lehrer im Englisch Unterricht zu unterstützen. Während ich nicht in einer Klasse bin, helfe ich auch mit Büroarbeiten, wie Anwesenheit der Schüler in die Schulkartei eintragen. Das Englisch üben mit den Kindern gestaltet sich oft als schwierig, da ich nur auf Englisch kommunizieren kann und leider nicht auf Tamil. Dadurch verstehen die Kinder oft nicht was ich sage und was der Sinn der Übung ist.

Was hier an der Schule etwas ungewohnt für mich war, ist der Morgenappell, der jeden Morgen stattfindet. Alle zwei Tage sammeln sich die Kinder vor der Schule, es wird ein Gebet gesprochen, wichtige Ansagen gemacht, die Indische Flagge gehisst, ein schwur auf die Flagge geleistet und die Nationalhymne von Tamil Nadu gesungen. An den anderen Tagen sind die Kinder in ihren Klassenzimmern.

Diesen neuen Situationen stand aber die herzliche Art der Lehrer*innen und Angestellten der Schule gegenüber, die sich immer gerne mit mir unterhalten. Auch wenn es am Anfang von beiden Seiten sehr zaghaft war, da sich viele nicht getraut haben Englisch zu sprechen und ich mich noch in die ganze Situation einfinden musste.

Das Kinderdorf

Im Sunrise Village schlafe ich nicht nur, hier findet auch das Leben außerhalb der Schule statt. Wenn ich aus der Schule komme, gehe ich meist kurz auf mein Zimmer, um mich umzuziehen und kurz etwas auszuruhen, danach gehe ich zur Tea Time, um einen Tee zu trinken und ein paar Snacks zu essen. Das ist meist so gegen viertel vor fünf, nach der Tea Time haben die Kinder eine Sport- und Spielzeit, hierbei wird sich nach der Schule ausgetobt. Oft spiele ich mit den Kindern Fangen, Verstecken oder eine Art Völkerball. Sehr beliebt bei den Kindern ist auch Fußball und natürlich Cricket. Was zugegebenermaßen einfacher aussieht als es ist, denn den Ball erstmal zu treffen ist eine Kunst für sich.

Abends müssen die Kinder noch eine bis eineinhalb Stunden lernen und ihre Hausaufgaben erledigen, danach gibt es dann gegen 20:00 Uhr Abendessen. Und dann heißt es ab 21.00 Uhr auch schon „Gute Nacht!“ denn die Kinder müssen unter der Woche wieder um halb sechs aufstehen und in den Tag starten. Ich kann Gott sei dank etwas länger schlafen und stehe gegen sieben Uhr auf. Die Schule startet dann um 8:50 Uhr und geht bis 16:40 Uhr.

Freizeit und Feste

Bei einem so strukturierten Alltag in der Woche ist man auch mal froh, wenn das Wochenende da ist und man samstags und sonntags nicht ganz so früh aufstehen muss. Obwohl Sonntagmorgens immer um 7:00 Uhr eine Messe ist, in die die Kinder gehen müssen. Zwar gibt es für die Kinder am Wochenende auch Lernzeiten, meistens nutze ich diese aber zum Entspannen oder etwas zu lesen.

In anderer Freizeit konnte ich bis jetzt schon ein paar Ausflüge machen. Meistens aber wenn Besuch für die Priester da war oder wir mit den Kindern zum Beispiel zum Fluss baden waren. So war ich am Wochenende mal am Meer in Uvari und Manapad, als ein Schoenstattt Priester aus Deutschland zu Besuch war. Oder wir fahren zum Einkaufen ins Shopping Center in die Stadt nach Tirunelveli, dort bekommt man auf sieben Stockwerken so ziemlich alles was man braucht. Da konnte ich mich auch mit einigen typisch indischen Kleidungsstücken, die ich in der Schule anziehe, ausstatten. Die sogenannten Churidars sind ein langes Kleid ähnliches Oberteil, die man mit einer Hose oder Leggings kombiniert.

In den Monaten, die ich jetzt schon hier bin, konnte ich verschiedene Feste und Feiertage erleben, neben den typisch christlichen Festen wie Weihnachten oder Allerheiligen werden auch Hindu Feste im Kinderdorf gefeiert. Dementsprechend konnte ich Feste wie Diwali, das Lichterfest, oder Pongal, das Erntedankfest, erleben. Am Diwali Fest haben wir Wunderkerzen und „Cracker“ angezündet, um das Lichterfest zu feiern. Danach sind wir ins Kino gefahren, um uns den Film „Amaran“ anzuschauen. An Pongal, beziehungsweise einen Tag vor dem eigentlichen Pongal Feiertag, gab es in der Schule eine „Pongal Celebration“. Bei der Feier gab es ein kleines Eröffnungsprogramm, bei dem das typische „Lighting the lamp“ anzünden einer traditionellen Öllampe zelebriert wird und „honoring with a shawl“ bei dem den Ehrengästen eine Art Schal über die Schulter gelegt wird, um sie zu begrüßen und ehren. Danach wurde unter den verschiedenen Häusern der Schule, ein bisschen so wie die Hogwarts Häuser bei Harry Potter, ein Pongal Kochwettbewerb veranstaltet. Dabei ging es nicht nur darum das beste Pongal zu kochen, sondern auch um die Teamfähigkeit, die Präsentation und um ein darzustellendes Thema.

Das Pongalfest haben wir dann auch im Kinderdorf am 14. Januar gefeiert. Um 4:30 Uhr hieß es aufstehen, damit um 6:00 Uhr das Wasser über den Topf kochen kann und der Reis hinzugefügt wird. Alles wurde auf einer kleinen selbstgebauten Feuerstelle gekocht und zubereitet. Bevor es dann herzhaftes Pongal zum Frühstück gab, haben wir noch einen Gottesdienst zur Feier des Pongalfestes gefeiert.

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Feuerstelle für die Pongal Zubereitung

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Pongal Rangoli

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Pongalgottesdienst gehalten von Fr. Joe und Fr. Sleeva

Eine neue Erfahrung war auch Weihnachten mal nicht zu Hause zu feiern, sondern fast 8000 Kilometer entfernt, in meinem neuen Zuhause für meinen Freiwilligendienst. Trotz der enormen Distanz und der unterschiedlichen Kulturen, gab es in der Weihnachtszeit viele Traditionen, die ich auch aus Deutschland kenne. Zum Beispiel haben wir im Kinderdorf untereinander gewichtelt oder in den Cottages Krippen aufgestellt. Neu in dem Sinne waren für mich die Tamilischen Weihnachtslieder und „Welcoming Jesus Programs“, die es an den Adventssonntagen abwechselnd in jedem Cottage gab. Da Weihnachten ja sowieso ein christlicher Feiertag ist und mein Projekt ja christlich geleitet ist, gab es keine allzu großen Unterschiede zu Weihnachten in Deutschland, außer der Temperatur vielleicht. 🙂

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Krippe im Haus der Priester

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Ich spiele Weihnachtslieder an Heiligabend in der Kirche

Ende Januar ging es dann auch schon auf das Zwischenseminar in Trichy. Vorher hatte ich die Gelegenheit einen Tag Katharina zu Besuchen, ihr Projekt in Viralimalai ist nur 40 Minuten von Trichy entfernt. Da Viralimalai aber gute 4 Stunden Busfahrt von Tirunelveli entfernt ist, war ich froh, dass Abhishek mich auf der Busfahrt begleitet hat. In Viralimmalai angekommen hat Katharina mir das Haus von „Mary on the Way“ gezeigt und was sie in ihrem Projekt so macht.

Auf unserem Zwischenseminar hatten wir dann die Gelegenheit andere Freiwillige kennenzulernen und uns auszutauschen.

In den ersten Wochen und Monaten habe ich mich vor allem in das Projekt und die neue Umgebung eingelebt. Ich bin sehr gespannt, was die anderen Monate bringen werden und was ich erleben darf.

 

Eure Vici