
Liebe Leserinnen und Leser, herzlich Willkommen zu Teil 2 meines ersten Rundbriefes. In meinem letzten Rundbrief habe ich von meinen ersten Wochen in Bolivien erzählt, von unserer Ankunft, meinen ersten Eindrücken, meiner Gastfamilie und Patacamaya, dem Ort, in dem ich jetzt für ein Jahr leben werde. Nachdem ich den ersten Monat Zeit hatte Anzukommen und Spanisch zu lernen, begann im September die Arbeit in meinem Projekt und mein richtiger Alltag startete.
Mein Arbeitsalltag
Seit dem 16 September, also seit fast zwei Monaten arbeite ich jetzt im Comedor CAPI in Patacamaya und meine Arbeit macht mir immer noch sehr viel Spaß. Jeden Tag wird dort für knapp 120 Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 20 Jahren gekocht und es gibt einen Raum, in dem die Kinder gemeinsam spielen, essen und Zeit miteinander verbringen können. Auf dem Gelände des Comedors befinden sich ein großes Haupthaus mit Küche und Speisesaal, es gibt ein Gewächshaus und einige weitere kleine Gebäude, die als Büro, Toiletten, Lagerräume oder für andere Zwecke genutzt werden. Direkt vor dem Eingang des Hauptgebäudes befindet sich außerdem auch ein kleiner Spielplatz.

Blick aus der Küche in den Speisesaal des Comedors

Morgens helfe ich immer den Köchinnen (von links) Doña Aurora, Doña Angelica und Doña Vicky das Essen vorzubereiten
Meine Arbeit beginnt meistens zwischen 9 und halb 10. Da die ersten Kinder erst ein paar Stunden später kommen, helfe ich morgens zuerst einmal in der Küche. Zu meinen Aufgaben gehört es, das Geschirr, das am Vortag gespült wurde, abzutrocknen, die Stühle im Essenssaal runterzustellen und den Köchinnen beim Gemüse schneiden zu helfen. Zu unserem Küchenteam gehören Doña Angelica, Doña Vicky und meistens auch Doña Aurora, die jeden Tag für die Kinder eine Suppe als Vorspeise und ein „segundo“ (den Hauptgang) zaubern. Der Hauptgang besteht meist aus Reis oder Nudeln, Gemüse und einer Art von Fleisch, zum Beispiel Hackfleisch, Würstchen oder einer Art sehr dünnem Schnitzel. Zusätzlich kochen sie auch immer noch einen kleinen Vormittagssnack für uns, bevor die Kinder kommen.
Der Vormittag in der Küche macht mir immer total viel Spaß. Die Köchinnen sind super nett, es gibt viel zu lachen und ich konnte schon viel von den Köchinnen lernen. Vor allem Dank der Tipps von Doña Vicky konnte ich meine Skills im Gemüseschneiden schon deutlich verbessern und ich werde immer schneller, was für mich ein schönes Erfolgserlebnis war. Bald werde ich Profi (wenn auch nie so gut wie Doña Vicky und Aurora, die meistens das Gemüse mit mir schneiden) ;)
Sobald die ersten Kinder dann gegen 12:30 Uhr kommen, gehe ich raus in den Speisesaal.
Manchmal kann ich den Jüngeren dort bei ihren Hausaufgaben helfen, aber meistens spielen wir einfach, bis wir mit dem Gebet beginnen. Besonders begeistert sind sie aktuell von meinem Geschenk „Jungle Speed“. Das wollen sie ganz oft spielen, was mich natürlich sehr freut :).
Vor dem Essen wird mit denen, die schon da sind, gebetet. Da die Alterspanne sehr groß ist und die Kinder und Jugendlichen von unterschiedlichen Schulen kommen, sind auch die Zeiten, zu denen sie zum Essen kommen, sehr unterschiedlich. Zwischen 12 und 15 Uhr kommen alle nach und nach, manche vor und manche nach dem Unterricht und gehen auch wieder zu unterschiedlichen Zeiten.
In diesem Zeitraum führen meine Mitfreiwillige Iveliz oder ich eine Anwesenheitsliste, helfen den ganz Kleinen (3 Jahre alt) beim Essen, schenken Getränke aus und haben Zeit, mit den Kindern zu reden und zu spielen. Die Namensliste war für mich am Anfang noch eine ganz schöne Herausforderung. Jedes Kind hat eine Zahl und vor allem mit den größeren Zahlen hatte ich noch meine Probleme. Mittlerweile habe ich aber genug Übung und es läuft (meistens) ohne Probleme.
Nachdem dann alle gegessen haben und gegangen sind, heißt es für uns noch alles durchputzen und aufräumen, und dann ist der Arbeitstag auch schon vorbei.
Manchmal gehen wir (die Schwestern, die Köchinnen, meine Mitfreiwillige und ich) im Anschluss noch zusammen in das Café an der nächsten Straßenecke und schließen so den Arbeitstag ab.

Mit den Kindern aus dem Comedor Jungle Speed spielen

Samstag morgens helfe ich Hermana Maria Eva immer bei der Infancia Misionera. Hier durften sie grade ein Bild ausmalen. Ich selbst habe auch eins bekommen 😊
Meine Nachmittage sehen dann ganz unterschiedlich aus. Manchmal besuche ich meinen Gastvater und zwei Freunde auf der Arbeit, an anderen Tagen besuche ich den Markt oder treffe mich mit Freunden und unternehme etwas mit ihnen. Ab und zu werde ich auch von den Priestern oder Schwestern eingeladen, eine der umliegenden Gemeinden zu besuchen. Das ist immer ein ganz besonderes Erlebnis, weil ich nicht nur die Umgebung etwas besser kennenlerne und genug Zeit habe, die Natur zu bewundern, sondern auch an Orte komme, die ich allein nie besucht hätte und dabei viele neue Menschen kennenlernen konnte.
Hierbei bin ich auch viel mit der Sprache und Kultur Aymara in Kontakt gekommen. Aymara ist eine der am meisten gesprochenen der 36 anerkannten indigenen Sprachen Boliviens und ist vor allem im Altiplano weit verbreitet. Vor allem in den kleineren Dörfern in der Nähe von Patacamaya ist es üblich Aymara zu sprechen und die Leute könne teilweise besser Aymara als Castellano. Dadurch hatte ich auch schon die Möglichkeit, einige Worte zu lernen. „Wie geht es dir?“ heißt beispielsweise „Kamisaki?“ und „Waliki“ bedeutet „Gut!“.
Einige der Gottesdienste, die ich während meiner Ausflüge besucht habe aber auch der ein oder andere Gottesdienst in Patacamaya wurde auf Aymara gehalten und es wurde viel auf Aymara gesungen. Typische Begleitinstrumente sind dabei Trommeln, Mandolinen, Gitarren und Tambourin. Die Art, wie gesungen wird, ist ganz anders, als ich es aus Deutschland kenne. Was mir auch aufgefallen ist, ist, dass die Menschen immer total gastfreundlich waren. Wir wurden einige Male im Anschluss an die Gottesdienste noch zum Essen eingeladen, was wirklich super lieb und eine tolle Erfahrung für mich war.

Ausflug in die Berge mit meiner Mitfreiwilligen Iveliz, einer Freiwilligen aus Tarija, die während der Partnerschaftswoche der Hermandad zu Besuch war und Padre Vicente


Pizza essen mit ein paar Freunden
Concurso der bandas
Neben meinem Alltag, der für mich vor allem am Anfang schon aufregend genug war, habe ich auch noch einige besondere Veranstaltungen und Ereignisse miterleben können. Ende September war der Concurso de bandas, wo die Bands (Marschkapellen) der unterschiedlichen Schulen in Patacamaya in einem Wettbewerb gegeneinander angetreten sind. Unterteilt wurde in Altersgruppen und vor allem die ältesten Gruppen der Schulen waren wirklich beeindruckend. Die Bands waren unglaublich synchron, hatten tolle Choreografien, die Liedauswahl war sehr wirklich gut und jede Gruppe hatte einen Teil mit traditionellen Liedern, Tänzen, dazu passender Kleidung und teils auch traditionellen Instrumenten. Das Ganze war ein großes Event!! Der beste Teil war für mich, glaube ich sogar, als die Bands nach dem Wettbewerb zurück zu ihren Schulen gelaufen sind und den ganzen Weg weiter ihre Lieder gespielt haben. Die Stimmung dabei war toll.

Der Sieger des diesjährigen Wettbewerbs

Zusammen mit meiner Mitfreiwilligen Iveliz war ich auf dem Concurso de Bandas

… und im Anschluss waren wir noch bei dem Abschluss in einer der Schulen dabei
Santa Cruz
Nur ein paar Tage später hat die Partnerschaftswoche der Hermandad begonnen. Die Hermandad ist unsere Partnerorganisation in Bolivien. Für diese Woche haben wir Besuch einer bolivianischen Freiwilligen aus Tarija bekommen, denn Teil der Partnerschaftswoche ist auch der Austausch zwischen den unterschiedlichen Gruppen der Hermandad, vor allem zwischen Hoch- und Tiefland. Gemeinsam mit einer kleinen Gruppe sind wir jeden Morgen zusammen in eine der Schulen in Patacamaya gegangen und haben dort erklärt, was die Hermandad ist und die Partnerschaft zwischen Deutschland und Bolivien vorgestellt. Am Ende der Partnerschaftswoche bin ich gemeinsam mit Johanna, einer anderen deutschen Freiwilligen aus Oruro, für vier Tage nach Santa Cruz geflogen, um dort an den Abschlussaktivitäten teilzunehmen. Ich war total begeistert von Santa Cruz. Unsere Gastmutter und die Leute der Hermandad waren unglaublich nett, es war richtig warm (um die 38 Grad) und überall war es grün und hat geblüht. Es war toll auf diese Art und Weise nochmal einen andern Teil von Bolivien ein klein wenig kennenzulernen, der doch sehr anders als Trinidad oder La Paz und Patacamaya ist, welche ich schon kannte.
In den vier Tagen haben wir die Gruppe der Hermandad aus Santa Cruz bei einem Projekt zum Thema Umweltschutz in einer Schule begleitet, haben gemeinsam Gottesdienste besucht und sind nach Cotoca gefahren, einem Ort in der Nähe von Santa Cruz, wo wir beim Sortieren der gespendeten Kleidung geholfen haben und ich das erste Mal Sonso probiert habe, ein Essen, das ganz typisch für Cotoca sein soll. Abends haben wir den bekannten Plaza 24 de Septiembre besucht und sind auf einen Markt gegangen, den es nur ein Mal im Jahr in Santa Cruz gibt. Dieser Markt war riesig. Es gab Reihen von kleinen Ständen, Essensständen, Spielen und mehrere kleine Riesenräder, von denen wir auch mit einem gefahren sind. An diesem Abend haben wir glaube ich maximal ein Viertel der ganzen Stände gesehen, so groß war dieser Markt.

Besuch in Cotoca

Mit der Hermandad aus Santa Cruz waren wir für einen Projekttag zum Thema Umweltschutz zu Besuch in einer Schule. Auf dem Foto sind Johanna, die andere deutsche Freiwillige und ich dabei selbst Taschen zu bemalen
Copacabana
Ende Oktober durfte ich dann schon an dem nächsten Treffen der Hermandad teilnehmen. Für drei Tage ging es mit einer tollen Truppe aus Patacamaya nach Copacabana an den Titicacasee, wo wir uns mit den anderen Gruppen der Hermandad aus der zona andina getroffen haben. Bei diesem Treffen hatte ich wieder die Möglichkeit, viele neue und wirklich nette Menschen kennenzulernen und auch zwei deutsche Freiwillige waren dabei, die ich dort das erste Mal getroffen habe. Copacabana ist ein wichtiger Wallfahrtsort in Bolivien. Gläubige aus ganz Bolivien kommen nach Copacabana, um die Virgen de Copacabana anzubeten und den Kreuzweg, der zur Spitze des Berges Cerro Calvario führt, zu laufen. Außerdem kommen viele Menschen nach Copacabana, um ihre Autos segnen zu lassen. Jeden Tag haben wir eine Messe in der Basílica de la Virgen de la Candelaria de Copacabana gehalten, und am letzten Tag ist fast die gesamte Gruppe zusammen auf den Cerro Calvario gelaufen, von dessen Spitze man einen unglaublich schönen Blick auf Copacabana und den Titicacasee hatte.
Der Hauptteil unseres Treffens bestand aber aus Vorträgen und Gruppenarbeiten, bei denen ich mein Bestes gegeben habe, möglichst viel zu verstehen, was bei der Menge an Informationen aber gar nicht so einfach war. Ich selbst habe auch ein paar Worte gesagt, da ich mich und meinen Freiwilligendienst vorstellen sollte, was für mich ganz schön aufregend war. Neben dem Hauptprogramm gab es auch ein bisschen Zeit, sich besser kennenlernen und auszutauschen und sich Copacabana anzuschauen, was wir mit einer Gruppe von Jugendlichen auch gemacht haben.
Besonders schön war der letzte Abend, an dem sich alle im Speisesaal getroffen haben. Alle Gruppen hatten etwas vorbereitet, ob einen Tanz, ein Spiel, die Vorstellung der Prälatur... Es war ein buntes Programm. Im Anschluss haben wir zusammen getanzt, und mir wurden wieder einige neue bolivianische Tänze beigebracht, was mir sehr viel Spaß gemacht hat.

Wochenende mit der Hermandad in Copacabana

Mit einem Großteil der Gruppe sind wir an einem Tag auf dem Cerro Calvario in Copacabana gelaufen

Ein Teil unserer Gruppe aus Patacamaya mit unserem Bischof Monseñor Pascual Limach in der Basílica de la Virgen de la Candelaria de Copacabana

Der Blick auf Copacabana von der Spitze des Berges
La Paz
Auch La Paz habe ich über die vergangenen Monate immer besser kennengelernt. Da es die nächstgrößere Stadt ist und „nur“ 1,5 Stunden von Patacamaya entfernt ist, was für bolivianische Verhältnisse nah ist, habe ich dort schon einige Male einen Besuch abgestattet. Vor allem im Oktober war ich oft dort, um mein Visum zu beantragen und habe dabei viel von der Stadt sehen können.
Ich glaube, über La Paz könnte ich nochmal einen eigenen Brief schreiben, aber ich versuche mich kurz zu fassen: La Paz ist der Regierungssitz Boliviens und mit einer Höhenlage auf etwa 3200 bis 4100 Metern der höchste Regierungssitz der Welt. Es ist eine riesige und unglaublich beeindruckende Stadt und die Menschenmassen und der dichte Verkehr waren die ersten Male fast ein bisschen überfordernd für mich. Aber je öfter ich zu Besuch war, desto besser hat mir die Stadt gefallen.
Besonders gefallen haben mir bekannte Orte wie die Basilika San Francisco, die calle de las brujas, der Plaza Murillo, aber auch ganz viele kleine unbekanntere und ruhigere Ecken, die ich schon entdecken durfte. Eins meiner absoluten Highlights ist die Teleférico, ein Gondelnetzwerk, welches einen mit einem tollen Blick auf die Stadt und abseits von dem ganzen Trubel auf den Straßen über die Dächer der Häuser von A nach B bringt. Unterteilt ist das Netzwerk in unterschiedliche Farben, was es leicht macht, sich zurecht zu finden. Die schönsten Strecken sind dabei (meiner Meinung nach) die lila Linie von El Alto nach La Paz, die ich jedes Mal, wenn ich nach La Paz fahre nehme und die einem einen wirklich wunderschönen Ausblick auf das zwischen den umliegenden Bergen liegende La Paz bietet und die weiße Linie, mit der man zwischen den Hochhäusern hindurch schwebt.
Besonders praktisch ist die Teleférico vor allem wegen des dichten Verkehrs auf den Straßen und den extremen Höhenunterschieden, die es in La Paz zu überwinden gibt. Die Straßen sind teils ziemlich steil, weshalb sich die Wege, die wir zu Fuß zurückgelegt haben, grade auch mit der Höhe manchmal schon fast wie eine Wanderung angefühlt haben.
Blick aus der lila Teleférico auf La Paz
Blick aus der weißen Teleférico
Einkaufsstraße in La Paz
La Paz verbinde ich zudem auch mit einer tollen Zeit mit vielen netten Menschen. Mit ein paar Freunden war ich auf meinem ersten Fußballspiel (Bolivien – Paraguay, das Spiel selbst war aber in El Alto. Früher hat El Alto einmal zu La Paz gehört, mittlerweile ist es aber eigenständig und größer als La Paz geworden), ich habe die Schwestern aus La Paz kennengelernt, die mich bei meinen Besuchen immer herzlich aufgenommen haben und war bei einem Treffen aller deutschen Freiwilligen in der deutschen Botschaft, wo ich viele neue Freiwillige aus ganz Bolivien kennenlernen konnte. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch endlich wieder einmal meine Mitfreiwilligen der Hermandad getroffen, mit denen ich die Tage nach dem dem Treffen La Paz erkundet habe und das Valle de la Luna (Mondtal) besucht habe.
Ausflug in das Valle de la Luna (Mondtal)

Todos Santos
Die Tage um Todos Santos (Allerheiligen) herum waren ein paar ganz besondere Tage für mich, mit vielen neuen Traditionen und ganz anders, als ich es aus Deutschland kenne. Begonnen haben die Vorbereitungen schon Tage vorher. Überall auf den Märkten konnte man Utensilien für die Tische finden, die an Todos Santos auf und vor dem Friedhof aufgebaut werden. In Bolivien ist es an Todos Santos nämlich Tradition, die Gräber der Verstorbenen mit Kränzen und Blumen zu schmücken und Tische mit Broten in besondern Formen, Süßigkeiten, Obst, Kerzen und Speisen und Getränke, die die Verstorbenen gerne gegessen haben, aufzubauen. Auch ein Bild des oder der Verstorbenen ist häufig zu finden. Das meiste, was auf den Tischen aufgebaut wird, hat hierbei auch eine Bedeutung (ich hoffe ich kann diese hier korrekt wiedergeben):
Am auffälligsten sind die vielen Brote in verschiedenen Formen. Es gibt Brote in Form eines Menschen, welches den oder die Verstorbene*n repräsentieren soll, die Pferde stehen für eine gute Reise und sollen als Transportmittel dienen und die Leitern sollen den Abstieg auf die Erde und die Rückkehr in den Himmel für die Seelen der verstorbenen erleichtern. Wenn ich es nämlich richtig verstanden habe, ist hier der Glaube, dass die Seelen der Verstorbenen für diesen Tag in die irdische Welt zurückkehren, um ihn mit ihren Lieben zu teilen. Der Zuckerrohr dient als Gehstock für den Verstorbenen, um ihm auf seinem Weg zu helfen und die Zwiebelstängel stehen für Wasser und sollen als Trinkgefäß für die Seelen dienen. Es gibt auch noch einige weitere Bedeutungen.
Bereits am 31.10 wurden die Schwestern, ein Diakon und ich in zwei Schulen eingeladen, die mit ihren Kursen genau solche Tische vorbereitet hatten. Hier konnte ich alles das erste Mal sehen und habe vieles erklärt bekommen. Am darauffolgenden Tag, dem 01. November, gab es mehrere Gottesdienste zum Gedenken an die Verstorbenen, in denen jeder einzelne Name verlesen wurde. An diesem Morgen und Vormittag kamen unglaublich viele Menschen an die Kirche und in das Büro, um die Namen ihrer vertorbenen Angehörigen in Listen eintragen zu lassen, damit diese in einem der folgenden Gottesdienste vorgelesen werden. Allein 7 Personen waren die ganze Zeit nur damit beschäftigt, alle Namen aufzuschreiben. Parallel dazu gab es den ganzen Vormittag an verschiedenen Orten in Patacamaya Gottesdienste. Nicht nur in den Kirchen, auch eine der Schulturnhallen wurde für Gottesdienste bereitgestellt, damit alle Namen Platz fanden, es war beeindruckend.
Am 02.11 habe ich unseren Diakon dann auf den Friedhof begleitet, wo wir zunächst wieder eine Messe gefeiert haben. Danach sind wir über den Friedhof gelaufen und jedes Grab wurde gesegnet. Eine weitere Tradition ist es, den Menschen, die für die verstorbenen Familienangehörigen beten, etwas zu Essen von den Tischen mitzugeben, meist Brot und Süßigkeiten, manchmal auch Obst. An diesem Tag soll niemand hungrig oder allein sein. (Da wir sowohl in den Schulen als auch auf dem Friedhof Essen mitgegeben bekommen haben, hatten wir die darauffolgenden Tage reichlich Brot im Haus.)
Es war beeindruckend für mich, wie viele Menschen an diesem Tag auf dem Friedhof waren, an den Gräbern beisammengesessen haben oder von Grab zu Grab gelaufen sind. Es gab einige Gruppen von Kindern, aber auch ältere Leute und Musikgruppen, die an den Gräbern für die Verstorbenen gesungen und gebetet haben und dafür Essen bekommen haben. Vor dem Friedhof war es fast noch voller, es waren viele Zelte mit großen Tischen für die kürzlich Verstorbenen aufgebaut (die ersten drei Jahre nach dem Tod eines Angehörigen werden üblicherweise besonders große Tische aufgebaut und viel Essen vorbereitet) und noch etwas weiter gab es kleine Stände und Spiele. Es war eine fröhliche und ausgelassene Stimmung und überall haben sich Menschen versammelt und den Tag auf dem Friedhof verbracht.

Das war der Tisch für Todos Santos in einer der Schulen. Alle Kurse haben diesen Tisch gemeinsam gestaltet.
Schlussworte
Das Schönste an meinem Freiwilligendienst sind tatsächlich die vielen kleine Momente und schönen Begegnungen, die ich hier erleben darf. Ich habe das Glück, unglaublich tolle, offene und herzliche Menschen kennenzulernen, was glaube ich auch mit der Grund ist, warum ich mich in Patacamaya so wohlfühle.
Allen voran natürlich meine Gastfamilie, die mich so lieb aufgenommen hat und mir ein Gefühl von zu Hause gegeben hat. Dann natürlich meine Mitfreiwillige Iveliz aus Cochabamba, mit der ich schon so viel zusammen erlebt habe und die über die Zeit zu meiner besten Freundin geworden ist.
Dazu kommen noch die Schwestern aus La Paz und Patacamaya und meine Freunde, die ich durch die Kirche und meine Gastfamilie kennengelernt habe.
Aber auch die vielen anderen Menschen, die ich außerhalb von Patacamaya kennenlernen konnte.
Meine Gastmutter in Santa Cruz, mit der ich noch spät abends in der Küche saß und geredet habe, die Köchinnen, die ich bei einem Treffen kennengelernt habe und mit denen ich so viel lachen konnte, obwohl wir uns dort das erste Mal getroffen haben. Nicht zu vergessen aber auch die anderen Freiwilligen, mit denen ich immer enger zusammenwachse und die diese Zeit so viel lustiger machen. Solche Momente und Begegnungen machen die letzten Monate für ich zu etwas ganz Besonderem und ich bin so dankbar, dass ich das alles erleben darf.
Am Ende ist es jetzt doch etwas mehr als ein kleiner Einblick geworden, weshalb auch zwei Teile daraus geworden sind aber ich hoffe, dass euch mein Rundbrief gefallen hat.
Bei Fragen freue ich mich sehr über eine Nachricht.
Liebe Grüße aus Patacamaya
Katharina